L Wirth
Teil I. Buch der Adela-Anhänger
L. Zeitalter Minerva
- 1. Auf Walhallagara
- 2. Auf Fryasburg 1
Wirth 1933
[/54] Nun wollen wir schreiben über den Krieg der Burgmaide Kelta und Minerva und wie wir dadurch alle unsere Südlande und Britannien an die Golen verloren haben
Bei dem Süderrheinmund und der Schelde, da sind sieben Inseln genannt nach Fryas sieben Wachemaiden der Woche. Mitten auf einer Insel ist die Burg Walhallagara[1]. Auf den Wänden ist die und folgende Geschichte geschrieben. Darüber steht: »Lese, lerne wache.«
[55] Fünfhundertdreiundsechzig Jahre nachdem Atland versunken ist[2], saß hier eine weise Burgmaid: Min-erva war ihr Name, von den Seeleuten wurde sie Nyhellenia zugenannt. Dieser Zuname war gut gekoren, denn der Rat, den sie verlieh, war »neu« und »heil« über allen anderen[3].
Jenseits der Schelde auf der Flyburg saß Syrhed. Diese Maid war voller Ränke: schön war ihr Antlitz und flink ihre Zunge. Aber der Rat, den sie gab, war immer in dunklen Worten. Darum wurde sie von den Seeleuten Kälta geheißen. Die Landsassen meinten, daß es ein Ehrenname sei. In der letztwilligen Verfügung der Mutter stand Rosamunde als erste, Minerva als zweite und Syrhed als dritte Nachfolgerin beschrieben. Minerva war dessen unkundig, aber Syrhed war dadurch geknickt. Gleich einer fremden Fürstin wollte sie geehrt, gefürchtet und angebetet sein; aber Minerva wollte allein geliebt sein. Zuletzt kamen alle Seeleute, ihr ihre Huld bieten, selbst von den Dänemarken und von der Flysee. Das verletzte Syrhed, denn sie wollte Minerva überragen. Auf daß man ein größeres Dünken von ihrer Wachsamkeit haben sollte, machte sie einen Hahn auf ihre Fahne. Da ging Minerva hin und machte einen Hirtenhund und eine Nachteule auf ihre Fahne. »Der Hund«, sagte sie, »wacht über seinen Herrn und über die Herde, und die Nachteule wacht über das Feld, damit es nicht von den Mäusen zerstört wird. Aber der Hahn hat für niemanden Freundschaft, und durch seine Unzucht und Hochfahrenheit ist er oft der Mörder seiner nächsten Sippen geworden.«
Als Kelta sah, daß ihr Werk verkehrt ausging, da kam sie vom Übel zum Ärgeren. Im Stillen ließ sie die Magjaren zu sich kommen, um Zauberei zu lernen. Als sie dem Genüge getan, warf sie sich selber in die Arme der Golen. Doch von allen diesen Missetaten konnte sie nicht besser werden. Als sie sah, daß die Seeleute mehr und mehr von ihr wichen, da wollte sie sie durch Furcht gewinnen. War der Mond voll und die See ungestüm, dann lief sie über das wilde Meer, den Seefahrern zurufend, daß sie alle vergehen würden, so wenn sie sie nicht anbeten wollten. Fürder blendete sie ihnen die Augen, wodurch sie Wasser für Land und [56] Land für Wasser hielten: dadurch ist manches Schiff untergegangen mit Mann und Maus.
Auf dem ersten Wehrfest, als alle ihre Landsassen gewappnet waren, ließ sie Tonnen Bier ausschenken. In das Bier hatte sie Zaubertrank getan. Als nun das Volk allesamt betrunken war, stellte sie sich oben auf ihr Kampfroß, mit ihrem Haupte gegen ihren Speer gelehnt. Das Morgenrot konnte nicht schöner sein. Da sie sah, daß alle Augen auf sie gerichtet waren, öffnete sie ihre Lippen und kündete: »Söhne und Töchter Fryas! Ihr wißt wohl, daß wir in der letzten Zeit viel Gebrechen und Mangel gelitten haben dadurch, daß die Seeleute nicht länger kommen, um unseren Schreibfilz zu verkaufen. Aber ihr wißt nicht, wodurch es so gekommen ist. Lange habe ich mich darob zurückgehalten, doch nun kann ich es nicht länger. Hört denn, Freunde, auf daß ihr wissen möget, wonach ihr beißen sollt.
An der anderen Seite der Schelde, wo man zumal die Fahrt von allen Seen hat, da macht man heutigentages Schreibfilz von Plumpenblättern. Damit ersparen sie Leinen und können uns entbehren. Nachdem nun das Machen von Schreibfilz allezeit unser größter Betrieb gewesen ist, so hat die Mutter gewollt, daß man es uns lassen solle. Aber Minerva hat all das Volk verhext, ja verhext, Freunde, gleich all unserem Vieh, das letzthin gestorben ist. Heraus muß es, ich will es euch erzählen. Wäre ich nicht Burgmaid, ich würde es schon wissen: ich würde die Hexe in ihrem Nest verbrennen.«
Da sie die letzten Worte gesprochen hatte, sputete sie sich zu ihrer Burg hin. Aber das betrunkene Volk war dermaßen erregt, daß es über seine Sinne nicht mehr zu wachen vermochte. In tollmütigem Eifer gingen sie über den Sandfall, und nachdem die Nacht mittlerweil sich niedergesenkt hatte, zogen sie eben dreist auf die Burg los. Doch Kelta verfehlte schon wieder ihr Ziel, denn Minerva, ihre Maiden und die Lampe wurden alle von den flinken Seeleuten gerettet.
Hierzu kommt die Geschichte von Jon
Jôn, Jân, Jhon und Jan ist alles eins mit »geben«, doch das liegt an der Aussprache der Seeleute, die durch Gewohnheit alles [57] abkürzen, um es fern und laut rufen zu können. Jon, das ist »gegeben«, war Seekönig, geboren zu Alderga, von der Flysee ausgefahren mit hundertundsiebenundzwanzig Schiffen, zugerüstet für eine große Außenfahrt, reich geladen mit Barnstein, Zinn, Kupfer, Eisen, Laken, Leinen, Filz, Frauenfilz von Ottern, Biber- und Kaninchenhaar. Nun sollte er von, hier noch Schreibfilz mitnehmen. Doch als Jon hier kam und sah, wie Kelta unsere ruhmreiche Burg zerstört hatte, da ward er so außermaßen zornig, daß er mit all seinen Leuten auf die Flyburg losging und darauf zum Widergelt den roten Hahn setzte. Aber durch seinen Schult-bei-Nacht und manche seiner Leute wurden die Lampe und die Mai-, den gerettet. Doch Syrhed ober Kelta vermochten sie nicht zu fassen. Sie kletterte auf die äußerste Zinne; jedweder glaubte, daß sie in der Lohe umkommen mußte. Doch was geschah? Derweil all ihre Leute starr und steif vor Schrecken standen, kam sie schöner als je zuvor auf ihrem Rosse zutage, rufend: »Zu Kelta Minhis«[4]. Da strömte das andere Schelde-Volk zuhauf. Als die Seeleute das sahen, riefen sie: »Für Minerva wir!« Ein Krieg ist daraus entstanden, wodurch Tausendende gefallen sind.
In dieser Zeit war Rosamund, das ist Rosa-munde, Mutter. Sie hatte viel in Minne erstrebt, um den Frieden zu wahren. Aber da es also arg kam, da machte sie es kurz. Zur Stund sandte sie Boten durch die Landpfähle und ließ einen gemeinen Notbann künden. Da kamen die Landwehrer aus allen Orten heran. Das kämpfende Landvolk wurde gefaßt; aber Jon barg sich mit seinen Leuten auf seiner Flotte und nahm die beiden Lampen nebst Minerva und die Maiden von den beiden Burgen mit. Helprik, der Heermann, ließ ihn einbannen; aber derweilen alle Wehrer noch jenseits der Schelde waren, fuhr Jon zurück nach der Flysee und fürder weiter nach unseren Inseln. Seine Leute und viele unseres Volkes schifften Weib und Kinder ein, und als Jon nun sah, daß man ihn und seine Leute als Missetäter strafen wollte, machten sie sich im stillen auf und davon. Er tat recht, denn all unsere Inselleute und alles andere Scheldevolk, die gefochten hatten, wurden nach Britannien gebracht. Dieser Schritt war fehlgetan, denn nun kam der Anfang vom Ende.
Kelta, die wie man sagt, ebenso leicht auf dem Wasser wie auf [58] dem Land zu laufen vermochte, ging nach dem festen Wall und fürder nach Missellja hin. Da kamen die Golen mit ihren Schiffen aus der Mittelsee und befuhren Kadik und unsere Außenland: fürder fielen sie über Britannien her. Doch da konnten sie keinen festen Fuß fassen, weil die Häuptlinge mächtig und die Bannlinge noch Fryas waren. Aber nun kam Kelta und sprach: »Du bist frei geboren und um lützel Vergehen hat man dich zum Ausgeworfenen gemacht, nicht um dich zu bessern, sondern um Zinn zu gewinnen durch deine Hände. Willst du wieder frei sein und unter meinem Rat und meiner Hut leben, zieh dann aus, Waffen werden dir gegeben werden und ich werde über dich wachen.«
Gleich Blitzfeuer ging es über die Insel, und ehe des Kroders Jul einmal umgelaufen war, war sie Herrin über allesamt und die Thyrier von allen unseren Südstaaten bis zur Sejene[5]. Weil Kelta sich selber nicht zu sehr traute, ließ sie in dem nördlichen Bergland eine Burg bauen; Keltasburg wurde sie geheißen. Sie ist noch anwesend, aber heißt nun »Keren-ek«[6]. Von dieser Burg waltete sie gleich einer echten Mutter, nicht um ihrer Folger willen, sondern über sie, die sich fürder Keltana (Kelten) nannten. Aber die Golen beherrschten allmählich ganz Britannien: das kam einesteils, weil sie nicht mehr Burgen hatte, zweitens, weil sie da keine Burgmaiden und drittens keine echte Lampe hatten.
Durch alle diese Ursachen konnte ihr Volk nicht lernen: es wurde dumm und stumpf und endlich von den Golen ihrer eisernen Waffen beraubt und zuletzt gleich einem Bullen bei der Nase herumgeführt.
Nun wollen wir schreiben, wie es Jon ergangen ist. Dies steht zu Texland geschrieben
Zehn Jahre nachdem sich Jon davongemacht hatte, fielen hier drei Schiffe in die Flysee ein. Das Volk rief »ho-n-sejen«[7]. Und von ihrer ihrer Erzählung hat die Mutter dies schreiben lassen.
[59] Als Jon in die Mittelsee kam, war die Märe von den Golen ihm überall vorweggegangen, so daß er an den Küsten der nahen Krekalande[8] nirgends sicher war. Er setzte also mit seiner Flotte nach Lydia, das ist Lydas Land, über. Dort wollten die schwarzen Männer ihn fassen und essen. Zuletzt kamen sie nach Thyrhis. Aber Minerva sagte: »Haltet ab, denn hier ist die Luft schon lange durch die Priester verpestet.« Der König stammte von Tünis, wie wir später hörten. Aber weil die Priester einen König haben wollten, der nach ihren Begriffen ewig wäre, so hatten sie Tünis zu einem Gott erhoben, zum Ärgernis seiner folger. Als sie nun Thyr im Rücken hatten, kamen die Thyrier und raubten ein Schiff aus der Nachhut. Nachdemmal das Schiff zu fern war, konnten wir es nicht wiedergewinnen. Aber Jon schwur darob Rache. Als die Nacht kam, kehrte Jon sich nach den fernen Krekalanden. Zuletzt kamen sie an ein Land, das sehr karg aussah, aber sie fanden dort einen Hafenmund.
»Hier«, sagte Minerva, »wird wahrscheinlich keine Furcht vor Fürsten und Priestern nötig sein, sintemal sie allesamt fette Weiden lieben.« Doch als sie in den Hafen einliefen, fand man ihn nicht geräumig genug, um alle Schiffe zu bergen. Und doch waren meist alle zu feige, um weiterzugehen. Also ging Jon, der fort wollte, mit seinem Speer und seiner Fahne hin, indem er das Jungvolk aufforderte, sich freiwillig um ihn zu scharen. Minerva, die dort bleiben wollte, tat desgleichen. Der größte Teil ging nun zu Minerva, aber die jüngsten Seefahrer gingen zu Jon. Jon nahm die Lampe der Kelta und ihre Maiden mit, und Minerva behielt ihre eigene Lampe und ihre eigenen Maiden.
Zwischen dem nahen und fernen Krekalande fand Jon einige Inseln, die ihm zusagten. Auf der größten machte er sich daran, in den Wäldern zwischen dem Gebirge eine Burg zu bauen. Von [60] den kleinen Inseln ging er aus Rache die thyrischen Schiffe und Lande berauben. Darum sind die Inseln gleichgut die »Räuberinseln« als die Ionischen Inseln genannt[9].
Als Minerva das Land besehen hatte, das durch die Einheimischen Attika geheißen ist, sah sie, daß das Volk alle Geißhüter waren; sie unterhalten ihren Leib mit Fleisch, Kräutern, wilden Wurzeln und Honig. Sie waren mit Fellen bekleidet und hatten ihre Schlupfwinkel auf den Abhängen der Berge. Darum werden sie von unserem Volke Hellinger[10] genannt.
Zuerst rannten sie auf und davon; doch als sie sahen, daß wir um ihre Habe uns nicht kümmern, da kamen sie zurück und bezeugten große Freundschaft. Minerva fragte, ob wir uns in der Minne niederlassen dürften. Das wurde gestattet unter Beding, daß wir ihnen wider die Nachbarsippen, die immer kamen und ihnen ihre Kinder entführten und ihre Habe raubten, im Kampfe beistehen würden. Da bauten wir eine Burg anderthalben Pfahl vom Hafen. Auf Rat Minervas wurde sie Athenia geheißen: »denn« – sagte sie »die Nachfahren sollen wissen, daß wir hier nicht durch List oder Gewalt gekommen, aber gleich Freunden[11] empfangen worden sind.«
Derweilen wir an der Burg arbeiteten, kamen die Fürnehmsten. Als sie nun sahen, daß wir keine Sklaven hatten, sagte ihnen solches nicht zu, und sie ließen es die Minerva fühlen, sintemalen sie dachten, daß sie eine Fürstin wäre. Aber Minerva fragte: »Wie bist du zu deinen Sklaven gekommen?« Sie antworteten: »Einige haben wir gekauft, andere im Kampfe gewonnen.« Minerva sagte: »So wenn niemand Menschen kaufen wollte, würde niemand eure Kinder rauben und ihr würdet darob keinen Krieg haben. Willst du unser Bundesgenosse bleiben, so mußt du deine Sklaven frei lassen.« Das nun wollten die Fürnehmsten nicht: sie wollten uns aber wegtreiben. Aber die kühnsten ihrer Leute kamen, um unsere Burg bauen zu helfen, die wir nun von Stein machen. –
Als sie dies nun alles erzählt hatten, baten sie mit Ehrerbietung [61] um eiserne Burgwaffen. »Denn«, sagten sie, »unsere Bedränger sind mächtig; doch so wir echte Waffen haben, werden wir ihnen schon widerstehen.« Als sie dem zugestimmt hatte, fragten die Leute, ob Fryas Sitten in Athen und in den anderen Krekalanden blühen würden. Die Mutter antwortete: »Falls die fernen Krekalande zu dem Erbteil Fryas gehörten, so werden sie dort blühen. Aber gehören sie nicht dazu, so wird darob gekämpft werden müssen. Denn der Kroder muß noch fünftausend Jahr mit seinem Jul umlaufen, bevor das Finda-Volk reif für die Freiheit sein wird.«
[/65] Dies ist über die Gertmänner
Als Hellenia oder Minerva gestorben war, da gebärdeten die Priester sich, als ob sie mit uns wären, und damit dies deutlich hervorgehen sollte, haben sie Hellenia zu einer Göttin ausgerufen. Auch wollten sie uns keine andere Mutter kiesen lassen unter dem Vorwand, sie befürchteten, daß unter ihren Maiden keine wäre, der sie so gut trauen könnten als Minerva, die Nyhellenia zugenannt war. Aber wir wollten Minerva nicht als eine Göttin erkennen, sintemal sie selber gesagt hatte, daß niemand gut oder vollkommen sein könne außer Wraldas Geist. Darum koren wir die Tochter des Gert Pire zu unserer Mutter.
Als die Priester sahen, daß sie ihren Hering nicht auf unserem Feuer braten konnten, da gingen sie außerhalb Athene und verkündeten, daß wir Minerva nicht als Göttin erkennen wollten aus Neid, weil sie den Einheimischen so viel Liebe bewiesen hatte. Fürder gaben sie dem Volke Bildwerke, die ihr glichen und bezeugten, daß man diese um alles bitten könnte, solange man [66] gehorsam bliebe. Durch alle diese Erzählungen ward das dumme Volk von uns abwendig, und zuletzt fielen sie uns auf den Leib. Aber wir hatten unsere steinerne Burg mit zwei Hörnern nach der See umgebogen. Sie konnten uns darum nicht näher kommen. Jedoch was geschah: ein Egyptaländer, der ein Oberpriester war, hell von Augen, klar von Verstand und licht von Geist – sein Name war Sekrops – er kam, um Rat zu geben. Als Sekrops sah, daß er mit seinen Leuten unseren Wall nicht berennen konnte, sandte er Boten nach Thyris. Demnach kamen da unerwartet dreihundert Schiffe voller Söldner von den wilden Bergvölkern und befuhren unseren Hafen, derweil wir mit allen Männern auf dem Wall kämpften.
Sobald sie den Hafen genommen hatten, wollten die wilden Söldner das Dorf und unsere Schiffe ausrauben. Ein Söldner hatte bereits ein Mädchen geschändet, aber Sekrops wollte das nicht zulassen, und die thyrischen Seeleute, die noch Fryas Blut im Leibe hatten, sagten: »Wenn du das tust, so werden wir den roten Hahn auf unsere Schiffe setzen und dann wirst du deine Berge nicht wiedersehen.« Sekrops, der das Morden und Zerstören nicht liebte, sandte Boten nach Gert, um die Übergabe der Burg von ihr zu fordern: es werde ihr freier Abzug mit aller ihrer treibenden und fahrenden Habe gewährt und ebenso ihren Folgern. Die weisesten der Burgherren, die wohl sahen, daß sie die Burg nicht halten konnten, rieten Gert, daß sie schnell zugreifen sollte, bevor Sekrops wütend würde und anders begänne. Drei Monate später zog Gert von hinnen mit den besten Fryaskindern und siebenmal zwölf Schiffen. Als sie eine Strecke außerhalb des Hafens waren, kamen da wohl dreißig Schiffe von Thyris mit Weibern und Kindern. Sie wollten nach Athen gehen, doch als sie hörten, wie es da beschaffen war, gingen sie mit Gert.
Der Seekönig der Thyrier brachte sie allesamt durch die Straße, die zu diesen Zeiten in das Rote Meer auslief. Zuletzt landeten sie am Pangab, das ist in unserer Sprache »fünf Wasser«, weil fünf Flüsse mit ihr nach der See strömen. Hier ließen sie sich nieder. Das Land haben sie Gertmannia geheißen. Als der König von Thyris darauf sah, daß seine besten Seefahrer sich davongemacht hatten, sandte er alle seine Schiffe mit seinen wilden Söldnern ihnen nach, um sie tot oder lebend zu fassen. Aber als sie an die [67] Straße kamen, da bebte See und Erde. Fürder hob Irtha ihren Leib empor, so hoch, daß all das Wasser zur Straße hinauslief und daß alle Wadden und Schären gleich einem Burgwall vor ihnen aufstiegen[12].
[Teil übersprungen]
Fußnoten
- ↑ Walcheren.
- ↑ 2193-563 = 1630 v. Chr.
- ↑ Der Name wird hier gedeutet: ni = »neu«, hel = »heil«, »Heil« und lêna »leihen«.
- ↑ Verdorbene Stelle, unübersetzbar.
- ↑ Seine.
- ↑ Vgl. S. 321
- ↑ Der Ausdruck ist so unerklärlich: ho, hu = »wie«, ‘n aus ēn = »ein« und sejen kann aus segen »Zeichen, Feldzeichen« und »Segen« entstanden sein oder wäre eine verlorene Wechselform zu Segel (vgl. lettisch sega, segene, segele »Decke, großes Tuch«). Die Bedeutung wäre dann etwa »welch ein Segel«, »welch ein Abzeichen«? Daß unsere Fischerschiffe der Nord- und Ostsee ihre Hausmarken noch im Segel führten, ist noch nicht zu lange her. Vgl. den Runennamen sigil, sigi »Segel« für die 𐌔 Rune, welche in der kurzen nordischen Runenreihe sol »Sonne« heißt (Aufgang der Menschheit, S. 287 f.) Oder hat der humanistische Abschreiber etwa an das uns erst seit dem 18. Jahrhundert bekannte niederländische hoezee gedacht und dies etwa als »welch ein Segen« etymologisieren wollen, wie Ottema es auch übersetzt?
- ↑ Italien.
- ↑ Ionhis elanda = »insulae Ionicae, insulae piratarum«.
- ↑ Hellinggar, eig. »Haldenbewohner«.
- ↑ Wortspiel von Athenia als Ortsnamen mit āthen, āthum, āthom = »Eidam, Schwager, Freund«.
- ↑ Vgl. Einleitung S. 280.