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K Wirth

From Oera Linda Wiki

Teil I. Buch der Adela-Anhänger

K. Zeitalter Tunis

1. Waraburg: Magjaren
2. Allen Burgen 2: Wodin
3. Auf Waraburg und Stavia
Tunis und Inka
Die Thyrier
Die Golen

Wirth 1933

[/47] Dies steht an der Waraburg bei der Alde(r)gamunde geritzt

Die Waraburg ist keine Maidenburg, sondern darin werden alle ausheimischen und ausländischen Dinge verwahrt, die mitgebracht sind von den Seeleuten. Sie ist drei Pfähle, das ist eine Halbzeit, südwärts von Medeasblik gelegen.

Also ist das Vorwort: »Berge, neiget euren Gipfel, Wolken und Ströme, weinet. Ja, Schonland, erröte: Sklavenvölker treten auf dein Kleid, o Frya.«

[48] Also ist die Geschichte

Hundertundein Jahr[1] nachdem Aldland versunken ist, kam da aus dem Osten ein Volk her: das Volk war vertrieben durch ein anderes Volk. Hinter unserem Twiskland gerieten sie in Zwiespalt; sie teilten sich in zwei Haufen, von denen ein jeder seines Weges ging. Von dem einen Teil ist keine Erzählung auf uns gekommen, aber der andere Teil fiel hinten in unser Schonland. Schonland war spärlich bevölkert und an der Rückseite am spärlichsten. Darum vermochten sie es ohne Streit zu gewinnen, und da sie sonst nichts zuleide taten, wollten wir darob keinen Krieg haben. Nun wir sie kennengelernt haben, so will ich über ihre Sitten schreiben, nach dem, wie es uns mit ihnen ergangen ist.

Das Volk war nicht so wild wie viele Geschlechter Findas, aber den Egiptaländern gleich; sie haben Priester wie diese und, nun sie Kirchen[2] haben, auch Bilder. Die Priester sind die einzigen Herren: sie heißen sich selber Magjara. Ihrer aller Oberster heißt Magy[3]; er ist Hauptpriester und König zugleich. All das andere Volk wird für null gehalten und ist gänzlich und gar in ihrer Gewalt. Das Volk hat keinen Namen: von uns sind sie Finnen geheißen. Sonst sind sie nicht zu beneiden, denn sie sind Sklaven ihrer Priester, aber noch viel ärger ihrer Meinungen. Sie meinen, daß alles übler Geister voll ist, welche in Menschen und Tiere schleichen. Aber von Wraldas Geist wissen sie nichts. Sie haben Steinwaffen, die Magjaren kupferne. Die Magjaren erzählen, daß sie böse Geister bannen und ausbannen können: derob ist das Volk gänzlich in banger Furcht und an ihrem Wesen ist nimmer Frohsinn zu spüren.

Als sie sich nun richtig niedergelassen hatten, suchten die Magjaren bei uns Freundschaft: sie rühmten unsere Sprache und Sitten, unser Vieh und unsere eisernen Waffen, die sie gerne für ihre goldenen und silbernen Zieraten eintauschen wollten, und ihr[49] Volk hielten sie immer innerhalb der Grenzpfähle. Aber das führte unsere Wachsamkeit irre.

Achtzig Jahre später[4], just war es Julfest, da kamen sie unerwartet, gleich Schnee durch Sturmwind getrieben, über die Lande gerannt. Die nicht fliehen konnten, wurden getötet. Frya wurde angerufen, aber die Schonländer hatten ihren Rat vernachlässigt. Da wurden Kräfte gesammelt, drei Pfähle von Godaburg wurde ihnen widerstanden: der Krieg blieb da. Kat oder Katerine, so hieß die Maid, die Burgmaid auf Godaburg war: Kat war stolz und hochfährtig: darum ließ sie weder Rat noch Gefolgschaft von der Mutter erbitten. Aber als die Burgherren das erfaßten, sandten sie selber Boten nach Texland, zu der Mutter dort. Minna, so war der Name der Mutter, ließ alle Seeleute aufbieten und all das junge Volk von Ost-Flyland und von den Dänemarken.

Aus diesem Zuge ist die Geschichte von Wodin entstanden, welche an den Burgen ist geritzt und hier abgeschrieben ist.

An der Aldergamunde da wohnte in Ruhestand ein alter Seekönig: Sterik war sein Name und der Ruf seiner Taten war groß. Dieser alte Robbe hatte drei Neffen: Wodin, der älteste, heimatete zu Lumka-makia bei der Eemunde in Ost-Flyland, zu Haus. Ehemals war Heermann gewesen. Tünis und Inka waren Seekämpen und just nun bei ihrem Vateronkel an der Aldergamunde zu Haus. Als die jungen Kämpen nun zueinander kamen, erkoren sie Odin zu ihrem Heermann oder König, und die Seekämpen koren Tünis zu ihrem Seekönig und Inka zu ihrem Schult-bei-Nacht. Die Seeleute fuhren dann nach den Dänemarken: dort nahmen sie Wodin mit seiner, streitbaren Landwehr an Bord. Der Wind war räumig, und so waren sie im Handumdrehen in Schonland. Als die nordischen Brüder sich mit ihm vereinigt hatten, teilte Wodin sein gewaltiges Heer in drei Keile. »Frya« war ihr Waffenruf, und so schlug er die Finnen und Magjaren zurück, als ob es Kinder wären.

Als der Magy erfuhr, wie seine Leute alle umgebracht wurden, da sandte er Boten mit Stab und Krone. Sie sagten zu Wodin: »O du allergrößter der Könige, wir sind schuldig. Doch alles, was wir getan haben, ist aus Not geschehen. Ihr meint, daß [50] wir eure Brüder mutwillig angegriffen haben. Aber wir sind von unseren Feinden fortgetrieben, und sie alle hängen uns noch an den Fersen. Wir haben des öfteren Hilfe von Eurer Burgmaid gebeten, aber sie hat unser nicht geachtet. Der Magy sagt: ‘So wenn wir einander zur Hälfte töten, so werden die wilden Schafhirten kommen und uns allesamt töten.’ Der Magy hat viele Reichtümer, aber er hat gesehen, daß Frya gewaltiger ist als alle unsere Geister zusammen. Er will sein Haupt in ihren Schoß legen. Du bist der reckenhafteste König der Erde, dein Volk ist von Eisen. Werde unser König, und wir alle werden deine Sklaven sein. Was wäre das ehrenreich für dich, wenn du die Wilden wieder zurücktreiben könntest. Unsere Hörner würden es herumblasen und unsere Mären würden überall vor dir hergehen.«

Wodin war stark, wüst und reckenhaft, aber er war nicht klarsehend. Dadurch ward er in ihren Schlingen gefangen und von dem Magy gekrönt. Sehr viele Seefahrer und Landwehrer, denen diese Kür nicht zusagte, zogen still von hinnen, indem sie Kat mitnahmen. Aber Kat, die weder vor der Mutter noch vor der gemeinen Acht erscheinen wollte, sprang über Bord. Da kam der Sturmwind und trieb die Schiffe auf die Schären der Dänenmarken, ohne daß man einen Mann vermißte. Nachdem haben sie diese Straße Katsgat geheißen.

Als Wodin gekrönt war, ging er auf die Wilden los. Sie waren alle Reiter: gleich einem Hagelschauer fielen sie auf Wodins Heer, aber gleich einem Wirbelwind wendeten sie um und wagten nicht wieder zu erscheinen. Als Wodin nun zurückkam, gab ihm der Magy seine Tochter zum Weibe. Nachdem wurde er mit Kräutern beräuchert: aber es waren Zauberkräuter darunter, denn Wodin wurde stufenweise so vermessen, daß er Fryas und Wraldas Geist mißzuerkennen und zu verspotten wagte, während er seinen freien Hals vor den falschen götzengleichen Bildwerken beugte. Sein Reich hielt sich sieben Jahre: da verschwand er. Der Magy sagte, daß er unter ihre Götter aufgenommen wäre, und daß er von dort über sie waltete. Aber unser Volk verlachte seine Worte.

Als Wodin nun eine Weile verschwunden war, kam da Zwiespalt. Wir wollten einen anderen König kiesen, aber das wollte der Magy, nicht gestatten. Er behauptete, daß es ein Recht wäre, ihm von seinen Göttern gegeben. Außer diesem Zwist gab es noch [51] einen zwischen den Magjaren und den Finnen, die weder Frya noch Wodin ehren wollten. Aber der Magy tat, wie ihm gut deuchte: denn seine Tochter hatte bei Wodin einen Sohn gewonnen, und nun wollte der Magy, daß dieser von Hoher Herkunft sein sollte. Während alle zankten und sich stritten, krönte er den Knaben zum König und stellte sich selber als Vogt und Vormund oder Ratgeber an. Die da mehr von ihrem Balg als von ihrem Recht hielten, ließen ihn gewähren; aber die Guten zogen fort. Viele Magjaren flohen mit ihren Leuten zurück, und die Seeleute schifften sich ein, und ein Heer dreister Finnen ging als Ruderer mit ihnen.

Nun kommen die Geschichten von Neffe Tünis und seinem Neffen Inka erst recht in Fluß.

Dies alles steht nicht allein an der Waraburg, sondern auch an der Burg Stavia, die gelegen ist hinter dem Hafen von Stavre

Als Tünis mit seinen Schiffen nach Hause wiederkehren wollte, steuerte er erst auf die Dänemarken los. Aber er durfte dort nicht landen: das hatte die Mutter bestellt. Auch zu Flyland durfte er nicht landen und fürder nirgends. Er würde also mit seinen Leuten vor Gebrechen und Mangel umgekommen sein: darum gingen sie des Nachts an Land rauben und fuhren am Tage weiter. Also die Küstenstraße entlang fahrend, kamen sie an die Volkspflanzung Kadik[5]. Hier kauften sie allerhand Notdurft; aber Tu(n)tja, die Burgmaid, wollte nicht zulassen, daß sie sich da niedersetzten. Als sie nun fertig waren, bekamen sie Zwist. Tünis wollte durch die Straße der Mittelsee hindurch, um für den reichen König der Egiptalande zu fahren, wie er das wohl ehedem getan hätte. Aber Inka sagte, daß er von all dem Finda-Volk genug hatte. Inka meinte, daß vielleicht noch wohl ein hochgelegener Teil Atlands, in der Weise einer Insel, übriggeblieben sein könnte, wo er mit seinen Leuten friedsam leben möchte.

[52] Da die beiden Neffen sich nicht einigen konnten, ging Tünis hin und steckte eine rote Fahne in den Strand und Inka eine blaue. Danach durfte ein jeder kiesen, wem er folgen wollte. Und Wunder – zu Inka, den es anwiderte, den Königen des Finda-Volkes zu dienen, liefen die meisten Finnen und Magjaren über. Als sie nun das Volk gezählt und die Schiffe darauf geteilt hatten, schieden die Flotten voneinander. Von Neffe Tünis ist nachdem Kunde gekommen, von Neffe Inka nimmer.

Neffe Tünis fuhr allein die Küste entlang durch die Pforte der Mittelsee. Als Atland versank, war es in der Mittelsee auch überall arg zugegangen. Dadurch waren viele Menschen von dem Findas-Land nach unseren nahen und fernen Krekalanden gekommen und auch viel von unserem Volke nach Lydas Land gegangen. Das alles hat bewirkt, daß die nahen und fernen Krekalande der Gewalt der Mutter verlorengingen. Damit hatte Tünis gerechnet. Darum wollte er dort einen guten Hafen kiesen und von da aus für die reichen Fürsten fahren. Aber weil seine Flotte und sein Volk so verkommen aussah, meinten die Ratheimer, daß sie Räuber wären, und darum wurden sie überall abgewehrt. Doch zuletzt kamen sie an Phoenisius Küste, das waren hundertunddreiundneunzig Jahre nachdem Atland versunken ist[6]. Nahe bei der Küste fanden sie ein Eiland (Insel) mit zwei tiefen Schlenken, also daß es wie drei Inseln aussah. Auf der mittelsten schlugen sie ihre Unterkunft auf, nachdem bauten sie einen Burgwall herum. Als sie dem nun einen Namen geben wollten, wurden sie uneinig: welche wollten sie Fryasburg heißen oder Neftünia. Aber die Magjaren und die Finnen baten, daß sie Thyrhisburg[7] heißen würde. Thyr, so heißen sie einen ihrer Götter, und auf dessen Jahrtag waren sie da gelandet. Zum Entgelt wollten sie Tünis ewig als ihren König bekennen, Tünis ließ sich belesen, und die anderen wollten darum keinen Krieg haben.

Als sie sich nun richtig niedergelassen hatten, da sandten sie einige alte Seefahrer und Magjaren an den ‘Wall und weiter nach der Burg Sydon. Aber zunächst wollten die Radheimer nichts von ihnen wissen, »Ihr seid fernbeheimatete Herumstreicher«, sagten sie, »die wir nicht haben wollen.« Doch da wir ihnen von unseren [53] eisernen Waffen verkaufen wollten, ging zuletzt alles gut. Auch waren sie sehr neugierig nach, unserem Barnstein, und das Fragen danach nahm kein Ende. Aber Tünis, der weitblickend war, gebarte sich, als ob er keine eisernen Waffen noch Barnstein mehr hätte. Da kamen die Kaufleute und baten ihn, er solle ihnen zwanzig Schiffe geben, die sie alle mit den feinsten Waren herrichten wollten; überdies wollten sie ihm so viele Leute als Ruderer geben, als er begehrte.

Zwölf Schiffe ließ er herrichten mit Wein, Honig, zubereitetem Leder: dabei waren Säume und Sattel mit Gold überzogen, wie man sie noch nimmer gesehen hatte. Mit allen diesen Schätzen lief Tünis in das Flymeer ein. Der Grevetmann von West-Flyland wurde von all diesen Dingen begeistert: er erwirkte, daß Tünis bei dem Munde des Flymeeres einen Warenspeicher[8] bauen durfte. Nachdem ist die Stätte Almanaland[9] geheißen, und der Markt, auf dem sie später zu Wyringen Tauschhandel treiben durften, »Zulaßmarkt«. Die Mutter riet, daß wir ihnen alles verkaufen sollten außer eisernen Waffen: aber man achtete dessen nicht. Da die Thyrier also freies Spiel hatten, kamen sie immer wieder, um unsere Waren weit und breit zu fahren, unseren eigenen Seekämpen zum Schaden.

Darnach ist auf einer gemeinen Acht beschlossen worden, jährlich sieben Thyrier zuzulassen und nicht mehr.

Was davon geworden ist

In der nördlichen Ecke der Mittelsee liegt eine Insel an der Küste. Nun kamen sie, diese zum Kaufe erbitten. Darob ward eine allgemeine Acht belegt. Mutters Rat wurde eingeholt, aber Mutter sah sie lieber weit weg: darum meinte sie, daß dem nicht von Übel wäre. Doch als wir nachher sahen, wie wir »mißgetan«, haben wir die Insel Misselia[10] geheißen. Hiernach wird sich ergeben, welchen Grund wir dazu hatten.

[54] Die Golen, also heißen die Sendlingen-Priester von Sydon, die Golen hatten wohl gesehen, daß das Land spärlich bevölkert und fern von der Mutter war. Um sich selbst einen guten Schein zu geben, ließen sie sich in unserer Sprache »an treue Geweihte« (ana trowe wydana) heißen; aber es wäre besser gewesen, wenn sie sich selber »von der Treue Gewandte« genannt hätten oder kurzweg »Treutwenden« (Trjuwendne), wie unsere Seeleute später getan haben[11].

Als sie sich nun richtig niedergelassen hatten, da tauschten ihre Kaufleute schöne kupferne Waffen und allerhand Zieraten gegen unsere eisernen Waffen und Häute wilder Tiere, von denen in unseren südlichen Landen viel erhältlich war. Aber die Golen feierten allerhand schmutzige Götzenfeste und zogen die Küstenheimer vermittels ihrer unzüchtigen Mädchen und der Süßheit ihres giftigen Weines heran. War da irgendeiner von unserem Volke, der es also arg getrieben hatte, daß sein Leib in Gefahr kam, so verliehen die Golen ihm Hülle und Unterschlupf und führten ihn nach Phonisia. War er hier ansässig, dann mußte er seinen Sippen, Freunden und Schwägern schreiben, daß das Land so gut wäre und die Menschen so glücklich, wie niemand sich einbilden könne. In Britannien waren sehr viele Männer, doch lützel (wenig) Weiber. Als die Golen das erfuhren, ließen sie alleweg Mädchen entführen, und diese gaben sie den Briten um nichts hin. Doch alle diese Mädchen waren ihre Dienerinnen, die die Kinder Wraldas stahlen, um sie ihren falschen Göttern zu geben.

Fußnoten

  1. 2193–101 = 2092 v. Chr.
  2. Das Wort »Kirche« ist ein uraltes Wort der Thule-Kultur und als k-r(g-r) bezw. k-l (g-l) Stamm in Eurasien verbreitet, vgl. H.U. S. 81–82 u. 182–183.
  3. Anscheinend ist bei »Magy«, das in dieser Form 1586 von Fischart verwendet wird, an »magia« = Zauberei gedacht, eine echte Humanistenetymologie. Der humanistische Abschreiber des Kodex C hat dann auch wohl die Benennung Magjaren angewendet. Für die »Magi« zur Zeit des Liko Ovira Linda vgl. Abb. 88.
  4. 2012 v. Chr.
  5. Cadix, der phönizische Name lautet Gad(d)ir oder Gader = »Mauer«, »Burg«, »Feste« (vgl. S. 167). Der friesische Name »Kadik« wird hier humanistisch-volksetymologisch entsprechend erklärt: »weil ihr Hafen von einem steinernen ‘kadik’ gebildet ward«. »Kadik« setzt sich zusammen aus »kade« = befestigtes Ufer und »dik« = hd. Deich.
  6. 2193-193 = 2000 v. Chr.
  7. Thyrisburg = Burg Thyrs.
  8. die Handschrift hat für »Niederlassung, Stapelplatz, Warenspeicher« das schöne altfriesische »loge«, das wie die anderen Formen loch, loech altgermanischer Herkunft ist.
  9. Das heutige Ameland.
  10. diese friesische Volksetymologie (des Humanisten) von Massilia, gr. Massalia, lautet Missellja = »Miß-verkauf, Fehl-verkauf«.
  11. Anscheinend werden mit dieser friesischen Volksetymologie die gälischen Druidhen gemeint.

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