C Wirth
Teil I. Buch der Adela-Anhänger
C. Einführung der Verfasser
Wirth 1933
[76] Aus dem Buche der Folger Adelas
Dreißig Jahre nach dem Tage[1], da die Volksmutter umgebracht war von dem obersten Magy, war es schlimm bestellt. Alle Staaten, welche liegen an der anderen Seite der Weser, waren von uns abgekehrt und unter die Gewalt des Magy geraten. Und es war zu befürchten, daß er gewaltig werden könnte über das ganze Land. Um dem Unglück zu wehren, hatte man eine gemeine Acht belegt, wo alle Männer versammelt waren, die in einem guten Rufe bei den Maiden standen. Doch nachdem da mehr als drei Etmelda[2] verstrichen waren, war der ganze Gaurat durcheinander und alles wie bei ihrem Kommen.
Zuletzt erbat Adela das Wort und sagte: »Ihr alle wißt, daß ich zur Mutter gekoren wurde, und auch, daß ich keine Mutter sein wollte, weil ich Apol3 zu meinem Ehegatten begehrte. Doch was ihr nicht wißt, das ist, daß ich allen Ereignissen nachgegangen bin, gleich wenn ich eine wirkliche Volksmutter gewesen wäre. Ich bin allemal hin und her gefahren, um zu sehen, was geschah. Dadurch sind mir viele Sachen offenbart worden, welche andere nicht wissen. Ihr habt gestern gesagt, daß unsere Sippen an der anderen Seite der Weser unterwürfig und feige wären. Doch ich darf zu euch sagen, daß der Magy nicht einen Gau durch die Gewalt seiner Waffen abgewonnen hat, sondern bloß durch arglistige Ränke und noch mehr durch die Gierigkeit der Herzöge und Edelingen. Frya hat gesagt, wir sollten keine unfreien Leute bei uns zulassen. Doch was haben sie getan? Sie sind unseren Feinden gefolgt: denn anstatt ihre Gefangenen zu töten oder frei zu lassen haben sie Fryas Rat mißgeachtet und sie zu ihren [77] Sklaven gemacht. Dieweil sie so taten, mochte Frya nicht längger über sie wachen: sie haben einem anderen die Freiheit genommen, und das ist die Ursache, daß sie ihre eigene verloren haben.
Doch dies hieße euch Bekanntes vermehren. Ich will euch aber sagen, wie sie allmählich so niedrig versegelt sind. Die Weiber der Finnen bekamen Kinder. Diese wuchsen mit unseren freien Kindern auf. Zuweilen tollten und spielten sie zusammen auf dem Hof, oder sie waren miteinander bei dem Herd. Dort hörten sie mit Lust nach den irreführenden Sagen der Finnen, weil sie deutungsvoll und neu waren. So sind sie entartet[3], trotz der Gewalt ihrer Eltern. Als die Kinder groß wurden und sahen, daß die Kinder der Finnen keine Waffen führen durften und nur arbeiten mußten, so gewannen sie eine Verachtung für die Arbeit und wurden sehr hochfährtig. Die Führer und ihre kräftigsten Söhne krochen zu den lockeren Finnenmädchen, und ihre eigenen Töchter, durch das unreine Beispiel irregeführt, ließen sich selber schwangern von den schönsten Finnenknaben, ihren unreinen Eltern zum Spotte. Als der Magy davon Witterung erhielt, da nahm er die schönsten seiner Finnen und Magjaren und versprach ihnen Kühe mit goldenen Hörnern, so sie sich von unserem Volke fassen ließen, damit sie seine Lehre weiterverbreiteten. Aber seine Leute taten mehr: Kinder wurden beiseitegeschafft, nach den Upsalanden weggebracht, und sobald sie in seiner Lehre aufgezogen worden waren, wurden sie wieder zurückgesandt. Als die Scheinsklaven unserer Sprache mächtig waren, da klammerten sie sich den Herzögen und Edelingen an Bord und kündeten, daß sie dem Magy hörig sein sollten, so könnten ihre Söhne ihnen nachfolgen, ohne von dem Volke gekoren zu werden.
Denjenigen, die um guter Taten willen ein Vorderteil zu ihrem Hause erhalten hatten, verhießen sie von seinetwegen einen Afterteil dazu; solchen, die einen Vorder- und Afterteil erhalten hatten, versprachen sie einen Rundteil dazu, und denen, die einen Rundteil hatten, eine ganze State[4]. Waren die Eltern zu hartgesottene Fryas, so wendeten sie den Steven und hielten auf die verbasterten Söhne an.
Gestern gab es welche unter euch, die wollten all das Volk [78] zuhauf rufen, um die östlichen Staaten wieder zu ihrer Pflicht zu zwingen. Doch nach meiner einfältigen Meinung würde das verkehrt ausgehen. Denket einmal, es wäre eine schwere Lungenseuche unter dem Vieh gewesen und hätte arg gewütet, würdet ihr dann wohl wagen, euer heiles Vieh inmitten des siechen Viehes zu führen? So wenn ein jemand nun bejahen und bestätigen muß, daß es seinem Viehstapel übel ergehen könnte, wie würde er dann so dreist sein, seine Kinder zu wagen inmitten eines Volkes, das ganz und gar verdorben ist?
Dürfte ich euch einen Rat geben, ich würde zu euch sagen: »Ihr müßtet vor allen Dingen eine neue Volksmutter kiesen. Ich weiß wohl, daß ihr damit in der Verlegenheit seid, aus dem Grunde, weil von den dreizehn Burgmaiden, die wir noch übrig haben, wohl acht da sind, die nach dieser Ehre dingen. Aber dessen würde ich keine Acht haben. Tüntja, die Maid ist auf der Burg Medeasblik, hat sich darob nie gekümmert: doch sie ist voller Wissen und Klarsehen und hält so fest zu ihrem Volke und unseren Sitten als alle anderen zusammen. Fürder würde ich euch raten: Ihr solltet zu den Burgen gehen und dort aufschreiben alle Gesetze, Fryas Rat, nebst allen Geschichten, ja alles, was da auf den Wänden zu finden ist, damit nicht alles verloren gehe und mit den Burgen zerstört werde. Da steht geschrieben: »Die Mutter und eine jegliche Burgmaid soll haben, außer Helfern und Sendboten, einundzwanzig Maiden und sieben Lehrmädchen. Dürfte ich dem etwas hinzufügen, so würde ich schreiben – und also viele ehrsame Töchter, um zu lehren, als da auf den Burgen sein können. Denn ich sage in Treue und die Zeit wird es bestätigen: So wenn ihr echte Fryaskinder bleiben wollt, nimmer zu überwinden, weder durch List noch durch Waffen, so habt ihr dessen Obacht zu geben, daß eure Töchter echte Fryasweiber werden. Die Kinder soll man lehren, wie groß unser Land ehemals gewesen ist, wie große Männer unsere Ahnen waren, wie groß wir noch sind, so wir uns zu den anderen herablassen[5]; man soll ihnen erzählen von den Recken und ihren reckenhaften Taten, auch von den fernen Seezügen. Alle diese Erzählungen sollen bei dem Herd geschehen, auf dem Hof und wo es sein mag, so mit Freude wie mit Tränen. Aber soll es standfest [79] werden in den Köpfen und den Herzen, so müssen alle Lehren über die Lippen eurer Weiber und Töchter darin strömen.«
Adelas Rat ist befolgt.
Dies sind die Grevetmänner, unter deren Walten dies Buch verfaßt wurde
Apol, Adelas Mann. Dreimal ist er Seekönig gewesen, nun ist er Grevetmann über Ost-Flyland und über die Lindaorte. Die Burgen Ljudgarda, Lindahem und Stavia sind unter seiner Hut.
Der Saxmann Storo, Sytjas Mann, Grevetmann über die hohen Fennen und Wälder. Neunmal ist er zum Herzog, das ist Heermann, gekoren. Die Burgen Buda und Mannagarda-forda[6] sind unter seiner Hut.
Abelo, Jaltjas Mann, Grevetmann über die Süder-Flylande und Texland. Neunmal ist er zum Seekönig gekoren. Die Waraburg, Medeasblik, Forana und Alt-Fryasburg sind unter seiner Hut.
[Teil übersprungen]
Foppa, Mann von Dunros, Grevetmann über die See-Inseln. Fünfmal ist Seekönig gewesen. Die Burg Walhallagara ist unter seiner Hut[7].