AB Wirth
Vorschriften
Wirth 1933
[13] Okke, mein Sohn!
Diese Bücher mußt Du mit Leib und Seele wahren. Sie umfassen die Geschichte unseres ganzen Volkes und unserer Ahnen. Vergangenes Jahr habe ich sie aus der Flut[1] gerettet mit Dir und Deiner Mutter. Aber sie waren naß geworden: dadurch fingen sie nachher an zu verderben. Um sie nicht zu verlieren, habe ich sie auf ausländischem Papier abgeschrieben. So wenn Du sie erben wirst, sollst Du sie auch abschreiben. Deine Kinder desgleichen, damit sie nimmermehr verloren gehen.
Geschrieben zu Ljuwert, nachdem Atland versunken ist, das dreitausendvierhundertneunundvierzigste Jahr, das ist nach der Christen Rechnung das zwölfhundertsechsundfünfzigste Jahr. Hidde zugenannt Ura Linda (Über die Linden[2]). ––Wache.
Liebe Erben!
Um unserer lieben Ahnen willen und um unserer Freiheit willen tausendmal so bitte ich Euch – ach Lieben, lasset doch nie die Augen einer Pfaffenkappe über diese Schriften weiden. Sie sprechen süße Worte, aber sie reißen unmerklich an allem, was uns Friesen betrifft. Um reiche Pfründen zu gewinnen, halten sie zu den fremden Königen. Diese wissen, daß wir ihre größten Feinde sind, weil wir zu ihren Leuten zu sprechen wagen von Freiheit, Recht und Fürstenpflicht. Darum lassen sie alles austilgen, was von unseren Ahnen kommt und was da noch verbleibt von unseren alten Sitten. Ach, Lieben, ich bin bei ihnen am Hofe gewesen. Will Wralda es dulden und machen wir uns nicht stark, so werden sie uns allesamt noch austilgen.
Geschrieben zu Ljudwerd, achthundertunddrei Jahre nach der Christen Meinung. Liko zugenannt Ovira Linda (Über die Linden).
Fußnoten
der nächste Teil ᐅ C Wirth